Wochenbettdepression - Wenn mit dem Baby die Traurigkeit kommt
Die Geburt ist gut verlaufen und Ihr Wunschkind ist kerngesund. Eigentlich müssten Sie jetzt überglücklich sein, doch irgendwie mag sich das Mutterglück nicht einstellen. Stattdessen ist Ihnen alles zu viel: Das Babygeschrei, die durchwachten Nächte, das Stillen, die allumfassende Fremdbestimmtheit. Am allergrößten aber ist die Sorge, keine gute Mutter zu sein, das Kind nicht liebevoll versorgen zu können. Anfangs reagiert Ihr Partner, die Familie und die Freunde mitfühlend, aber mit der Zeit werden sie verständnisloser, denn auch sie sind hilflos. Dann beginnt eine Zeit der Tränen und eine tiefe, dunkle Traurigkeit umgibt Sie, die nicht mehr enden will.
Dies können Anzeichen einer Wochenbettdepression sein. Jedes Jahr erkranken in Deutschland etwa 10 bis 15 Prozent aller Mütter nach der Entbindung an einer postnatalen Depression. Eine ernst zu nehmende Erkrankung, die trotz der hohen Zahl an Betroffenen immer noch tabuisiert wird. Dabei ist eine Behandlung dringend notwendig, denn eine Wochenbettdepression ist sowohl für die Mütter eine schwierige Situation, als auch eine Belastungsprobe für die Partnerschaft.
Es ist wichtig von der Wochenbettdepression den weitaus häufiger auftretenden Babyblues zu unterscheiden. Dieser tritt etwa drei bis fünf Tage nach der Entbindung auf und dauert meist nur ein paar Tage an. Emotionale Überempfindlichkeit, Stimmungsschwankungen und häufiges Weinen sind typisch für den Babyblues und vergehen in der Regel schnell wieder von alleine.
Symptome
Die typischen Krankheitszeichen einer Wochenbettdepression können erst Wochen bis Monate nach der Entbindung auftreten. Sie sind kein vorübergehendes Stimmungstief und verschwinden auch nicht nach wenigen Tagen wieder, sondern halten über Wochen und Monate an. Neben der andauernden Niedergeschlagenheit zeigen sich Symptome wie häufiges Weinen, Angstzustände, Grübeln über die Zukunft, Antriebsminderung, Störungen von Schlaf, Appetit und Konzentration. Aber auch Erschöpfungsgefühle, die Überzeugung eine schlechte Mutter zu sein und Zwangsgedanken können auftreten.
Zwangsgedanken sind immer wiederkehrende Angstvorstellungen, die dadurch gekennzeichnet sind, dass einem selbst - meist jedoch einer nahestehenden Person - etwas zustoßen könnte bzw. man für dieses Unglück verantwortlich ist. Diesen Gedanken kann sich die Patientin nicht entziehen, sie ist ihnen ausgeliefert. Der Alltag der Betroffenen wird dadurch stark beeinträchtigt. Auch Panikattacken, also plötzlich auftretende Phasen von intensiver Angst, die von vielfältigen körperlichen Symptomen begleitet werden, sind nicht selten.
Ursache
Die Ursachen von Wochenbettdepressionen sind äußerst vielfältig: Eine traumatische Entbindung kann ebenso der Auslöser sein wie die persönliche Lebensgeschichte der Patientin oder unterschiedlichste Vorerkrankungen. Problematisch ist, dass Wochenbettdepressionen häufig erst spät erkannt werden, da die Betroffenen und ihr familiäres Umfeld die Ursache auf die veränderte Lebenssituation nach der Geburt des Kindes zurückführen, und nicht an eine psychische Erkrankung denken. Die Symptome sind für Laien oft nicht klar von normalen Stimmungs- oder Verhaltensänderungen nach einer Entbindung abzugrenzen.
Therapie
Professionelle Hilfe ist dringend nötig! Betroffene dürfen keinesfalls mit ihren Sorgen allein gelassen werden, sich verkriechen und sich vorwerfen, ihrem Mutterbild nicht gerecht zu werden. Eine Wochenbettdepression ist eine Erkrankung, für welche die Patientin keine Schuld trägt. Für die Genesung aber ist mitentscheidend, wie schnell sich die Betroffene ihre Situation eingesteht und ärztliche Hilfe holt.
Wir begleiten unsere Patientinnen auf dem Weg der Behandlung, die jede Frau in ihrem eigenen Tempo durchlebt. Die Therapie einer Wochenbettdepression kann durch Psychotherapie erfolgen. In diesem Fall stellen wir Kontakte zu Psychiatern oder Psychotherapeuten her. Manchmal ist aber auch die Gabe von antidepressiv wirkenden Psychopharmaka sinnvoll. Die Wahl des Medikamentes richtet sich nach den jeweils zugrunde liegenden Symptomen.
Dabei ist zu beachten, dass das Antidepressiva und das Stillen nicht grundsätzlich unvereinbar sind. Denn dem Stillen kommt häufig eine besondere Bedeutung zu: Die betroffenen Frauen haben das Gefühl, Stillen sei das einzig Positive, was sie ihren Kindern bieten können. Dies sollte unbedingt berücksichtigt werden.